Besonders schön wird das Eltern-Sein u.a. dadurch, dass man seine eigenen Kindheitserinnerungen wieder auffrischt und so manches zum ersten mal seit Jahrzehnten wieder neu erlebt.
25 Jahre ist es vielleicht her seit ich das letzte mal im Zirkus war. Bis gestern Abend.
Der Zirkus „Universal Renz“ ist in Neuss und dank Inkkis Job in der Tourist-Info hatten wir eine Freikarte für zwei Erwachsene. Jesper ist eigentlich noch etwas zu klein für solche Aktivitäten, aber da uns der Spaß für die ganze Familie nun nur noch fünf Euro kosten sollte, sind wir mal hingegangen. Wenn man dann früher abhaut hält sich der finanzielle Verlust in engen Grenzen.
Beim Taxieren der restlichen Besucher vor dem Einlass fiel mir erst mal auf, dass es sich beim Zirkus um ein klassisches Unterschichten-Amusement zu handeln scheint, was angesichts der Eintrittspreise (15-25EUR) durchaus überraschend ist.
Im Zelt herrschte eine Bullenhitze, was nicht mit dem beginnenden Frühling sondern mit der lautstarken Arbeit eines Dieselaggregats zu erklären war. 30 Minuten Wartezeit bis zum Beginn, Zeit genung für ein erfrischendes Kaltgetränk.
Dann ging es direkt mit einem vermeintlichen Höhepunkt los, der Tigerdressur.
Hier fängt meine Meckerei dann auch schon an. Ich stehe sicher nicht im Verdacht ein radikaler Tierschützer zu sein, aber Raubtiernummern hinterlassen bei mir einen ganz ganz üblen Nachgeschmack. Schon auf dem Weg zum Zirkuszelt haben wir die Wagen mit den Tigerkäfigen gesehen und ich habe spontan jeden Zoo-Tiger als ausgesprochenen Glückspilz empfunden. Die Dressur an sich war eher unspektakulär. Der Haupteffekt solcher Acts ist ja sowieso zu zeigen, dass der Mensch der wilden Bestie überlegen ist und sich unbewaffnet in Ihre Nähe traut. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Zirkusdompteure die Zeit und Geduld haben solche Auftritte einzuüben ohne die Tiere im täglichen Training immer wieder gründlich zu verprügeln und somit ihre Instinkte zu brechen. Mein Geschmack ist so was jedenfalls nicht!
Anschließend wurden Hunde, Enten und ein Pony durch die Manege gehetzt, womit ich dann auch wiederum kein Problem hatte. Wenigstens den Kindern hat es gefallen und Jesper hat lautstark „Bravo!“ gerufen.
Mich konnte dann schon eher der Jongleur begeistern und zwei Handstand-Akrobaten (wenn man die so nennen kann) mit offensichtlich osteuropäischem Hintergrund, waren richtig klasse. Die Clowns hatten bestenfalls Provinzniveau, was, da wir ja immerhin in Neuss waren, nicht weniger war als wir verlangen konnten. Immerhin hat Jesper ein paar mal laut gelacht, also haben sie ihren Job erledigt.
Jesper wurde im Laufe der Zeit immer unruhiger und quengeliger. Uns war also klar, dass wir spätestens zur Pause gehen mussten. Einige Kamele und eine Luftakrobatin später war der Zeitpunkt dann gekommen. Wenn Jesper erst mal ein, zwei Jahre älter ist, dann hält er sicher auch mal eine ganze Vorstellung durch und sofern wir mal wieder Freikarten ergattern können, würde ich auch gerne noch einmal in einen Zirkus gehen. Vielleicht gastiert hier dann ja mal einer ohne diese überflüssigen Peitschen-Machos.
Ja. Tiere im Zirkus finde ich auch unter aller Sau. Sowas gehört abgeschafft. Völlig veraltet. Wenn Ihr das Geld habt: Unbedingt „Cirque du Soleil“ aus Canada ansehen, wenn die wieder hier sind. Das ist unglaublich, was der reine Artisten-Zirkus da macht. Warte, die haben auch eine Website: http://www.cirquedusoleil.com