Wenn weitgereister Besuch kommt, in diesem Fall Schwiegermutter Agneta aus Finnland, dann ist man als guter Gastgeber bemüht auch ein ansprechendes Ausflugsprogramm anbieten zu können. Nachdem sie bei ihren bisherigen Besuchen bereits alle touristischen Highlights Düsseldorfs gesehen hatte und sogar schon in der verbotenen Stadt rheinaufwärts war um sich die dortige (wohl recht bekannte) Kirche anzuschauen, mussten wir uns nun in etwas abgelegenere Gefilde begeben. Die Wahl fiel auf Königswinter mit seinem Drachenfelsen.
Die ganze Zeit über wurde ich das Gefühl nicht los, per Timewarp direkt in den Familienurlauben meiner eigenen Kindheit gelandet zu sein. Während die Klassenkameraden am ersten Schultag nach den Ferien von Reisen ans Mittelmeer oder auf die Kanaren erzählten, war ich immer froh wenn ich keinem erzählen musste, dass ich mit meinen Eltern in der Lüneburger Heide oder der Eifel war. Damals wie heute sind die kleinen Ausflugsorte vornehmlich von Rentnern bevölkert, die sich mühsam von einem Terassencafé ins nächste schleppen.
Nun waren wir also mittendrin, in der Perle es Siebengebirges. Und was muss ich sagen? Richtig schön war es dort. Komme ich etwa langsam in die Jahre, in denen ich mich für schöne Aussichten und gewundene Wanderwege begeistern kann? Sieht ganz so aus. Schon bei unserer Miniwanderung durchs Neandertal, eine Woche zuvor, habe ich mich dabei ertappt, dass ich die Ruhe und den Wald sehr genossen habe und im Kopf (und später sogar im Internet) schon die nächsten Wanderungen geplant habe.
Allen, die sich selbst zumindest als natur-affin bezeichnen würden, sei hier auch das Buch „Du musst wandern“ von Manuel Andrack, genau der Schmidt-Andrack, empfohlen. Dieses Buch schenkt uns Mittdreissigern die Legitimation, Trekkingschuhe und Brotzeitdosen cool finden zu dürfen.
Jetzt muss ich aber wieder die Kurve nach Königswinter kriegen. Ach ja, ist ganz leicht. Man hätte wunderbar auf den Drachenfels hochwandern können. Da die ersten Meter des Wegs dort hin aber bereits erschreckend steil aussahen und beim Gedanken an den zu schiebenden Kinderwagen gleich als völlig unbezwingbar erschienen, vertrauten wir uns der Drachenfelsbahn an. Ein Gefährt aus den Fünfziger Jahren, entsprechender Charme inklusive, dessen ebenso schnauzbärtiger wie schweigsamer Fahrer uns für einen Obolus von insgesamt 25€ (hin und zurück) nun auf den Drachenfels brachte. Der Drachenfels selbst ist ein hübsch anzusehender Berg, der mit einer wunderbaren Aussicht zu beeindrucken weiß. Leider haben sich einige ignorante Architekten zu Beginn der Siebziger schwer an ihm versündigt. Dem recht schnuckeligen Café aus den Fünfzigern wurde ein gräßlicher Betonkomplex zur Seite gestellt. Grau, wuchtig, einfach häßlich. Wenn Hitler das noch gesehen hätte, ich bin sicher er hätte seine sieben Sachen vom Obersalzberg gepackt und wäre auf den Drachenfels umgezogen. Das hätte ihm gefallen.
So fiel es uns also nicht schwer uns von diesem traurigen Anblick zu trennen und im Tal einen Federweissen zu schlürfen und nach einem kleinen Rundgang durchs Städtchen die Regionalbahn nach Düsseldorf zu besteigen. Etwas eigentümlich mutete mir nur an, dass ich in ganz Königswinter kein Wahlplakat der SPD, dafür aber gleich ein halbes Dutzend der „Partei bibeltreuer Christen“ gefunden habe. „Münte, Du musst mal ein Auge auf den OV-Königswinter werfen. Irgendwas läuft da nicht rund!“
Mehr Fotos hiervon gibt s natürlich im Fotoblog zu bewundern!
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