24.03.2007

Seit 11 Tagen nichts geschrieben? Oh je. Direkt macht sich ein schlechtes Gewissen breit. Dagegen hilft wohl nur Bloggen.

Dabei war ja auch eigentlich genug los in den letzten eineinhalb Wochen. Zunächst mal war Jespers Mommo (Oma) zu Besuch. Das war diesmal ein besonders günstiger Zeitpunkt denn am 17.03. stand Siljas Taufe auf dem Programm. Im Gegensatz zu Jespers Taufe hatten wir uns diesmal entschlossen, das ganze im kleinen Kreis zu feiern. So waren also nur Siljas Omas, meine Brüder nebst Tante J als Taufpatin, meine Patentante und natürlich die Kernfamilie anwesend. Die zweite Patentante A hat es mittlerweile von Stockholm nach Zypern verschlagen und da sie dort gerade erst ihren neuen Job begonnen hat, konnte sie leider nicht dabei sein. Noch jemand fehlte leider, denn mein Patenkind Karla war ausgerechnet am selben Tag krank geworden. In der Kirche verlief alles planmäßig, d.h. die Kinder und auch Onkel Elmar haben sich vorbildlich benommen. Beim privaten Teil der Feier nahm das Drama dann aber seinen Lauf. Die Taufe hatte bei Silja wohl genau das Gegenteil vom Erhofften bewirkt. Statt vom Heiligen Geist (oder was auch immer), wurde sie offensichtlich eher vom Leibhaftigen in Besitz genommen. Sie schrie und schrie und schrie als wäre der Tag des jüngsten Gerichts gekommen (um im Bild zu bleiben). Wir sahen sie schon den Rest des Abends im Wartezimmer der Notfallpraxis verbringend, doch zum Glück wendete sich die Situation zum Guten und zwar genau in dem Moment, als die Gäste sich auf den Heimweg machten. Prompt war Ruhe. Es war als hätte man den richtigen Knopf gedrückt. Offensichtlich war der kleinen Silja nur der ganze Trubel zu viel. Wäre sie ein paar Jahrzehnte älter, hätte sie die Gäste sicher mit dem Satz: „Schlechte Luft hier!“ dezent zum Gehen aufgefordert. Da es ihr an der nötigen Feinfühligkeit aber noch mangelt, hatte sie halt die Notbremse gezogen und die Gäste schlicht zur Tür hinausgebrüllt.

Dieser Tag der Taufe war dann auch mein einziger freier Tag in der letzten Zeit. Ich hatte täglich jede Menge zu tun, denn wir schlitterten von einer Messe zur nächsten, nahezu vollbelegtes Hotel war also durchgehend garantiert. Das ist natürlich höchst erfreulich, trägt so was doch wesentlich zur Sicherheit des Arbeitsplatzes bei, sehr anstrengend war es aber nichtsdestotrotz. Heute genieße ich also ein freies Wochenende und danach hat sich dann auch die Situation im Hotel wieder beruhigt. Die freie Zeit nutze ich nun also wenigstens teilweise zur Realisierung eines Projekts, das ich schon einige Monate vor mir herschiebe. Ich überspiele meine alten VHS-Bändern mit Fussballspielen endlich mal auf DVDs. Da hat sich ganz schön was angesammelt, denn bei jedem großen Turnier seit 1986 habe ich die Spiele der deutschen Nationalmannschaft aufgenommen. Bis 1988 nur ausgesuchte Knaller wie Halbfinals oder Finals, seit der WM in Italien 1990 aber wirklich jedes deutsche Spiel. Diese Dutzende von Kassetten standen nun seit Jahren im Keller und haben selbst ein beinahe sintflutartiges Hochwasser in Rath gut überstanden. Jetzt stellt sich mir nur die Frage, was ich mit all diesen Kassetten nach dem Überspielen machen soll. Wegschmeißen wäre das Konsequenteste, aber Schmerzhafteste. Weiter Aufbewahren wäre das Dümmste, aber auch Befriedigendste. Oder ob ich mal schaune soll, ob es bei eBay einen Markt für so was gibt?

Unsere gestrige Einkaufstour geriet irgendwie leicht bizarr. Zunächst zog es uns zum Asia-Markt am Fürstenwall, in dem Silja mal wieder einen mittelschweren Schreianfall bekam. Nachdem sich irgendwann der fünfte schlitzäugige Mitbürger zu Wort meldetete und mit dem zweisilbigen Ausruf: „Hunger!“ andeutete, das Problem erkannt zu haben, war Inkki zu keiner freundlichen Reaktion mehr fähig und bläffte zurück: „Nein. Kein Hunger!“. Ob dieser unerwarteten Unhöflichkeit war ich etwas um die Deutsch-Chinesischen Beziehungen besorgt und konnte es mir deshalb nicht erpsaren, Inkki auf die Brisanz ihrer Reaktion hinzuweisen:

T: Ich weiß nicht ob es ratsam ist sich mit den Chinesen anzulegen. Immerhin handelt es sich bei China um eine Atommacht.

I: Ach, hier leben doch schon so viele Chinesen. Da werden sie schon keine Atomreakete hierhin schicken.

T: Das heißt gar nichts. Die Chinesen sind wie ein einziger Ameisenhaufen. Da wird auf Einzelschiksale keine Rücksicht genommen!

Doch diese kleine Anekdote war noch gar nichts verglichen mit dem, was uns noch bevorstand. Tütensuppen und Gewürze hatten wir ja nun eingekauft, aber Essentials wie Schokolade, Kartoffelchips oder Fussball-Bier fehlten noch. Also der normale Einkauf. Wo könnte man den normalen Einkauf besser erledigen als bei NORMA? Dass wir mit der NORMA-Filliale an der Corneliusstraße aber schnurstracks in die Hölle des real-existierenden Prekariats hinabstiegen, das ahnten wir da noch nicht. Der Laden an sich war schon mal in einem unsäglichen Zustand. Überall unausgepackte Kartons, die mich mit dem Einkaufswagen in so mancher Sackgasse enden ließen, die man nur im Rückwärtsgang wieder verlassen konnte. Dazu war es dort dreckiger als in einer Rather Trinkhalle. Ich möchte nicht wissen wann dort letztmals der Wischmop wirbelte. So richtig spaßig wurde es dann aber an der Kasse. Eine kleine, kompakte Kundin mit Pilzkopf-Beton-Frisur und Raucherasthma im Endstadium kontollierte ihren Kassenbon und stolperte über den Preis von 4,79€ für eine Schwarzwälder Kirschtorte. „Näää, so’ne Sauerei. An der Kühltruhe stand 2,59€. Ich bin doch nicht blöd.“ Dass sie mit dieser Aussage in keinem der Punkte richtig lag war mir zu diesem Zeitpunkt bereits klar. Also wurde von der gelassenen Kassiererin flugs der Filialleiter herbeigerufen, dem eine aufmüpfige Globalisierungsverliererin scheinbar gerade richtig kam. „Da brauchen wir gar nicht erst mit Ihnen mitzukommen. Da steht 4,79€. Sie haben was verwechselt. Eine Schwarzwälder Kirschtorte für 2,59€ das gibt’s doch gar nicht. Wo leben Sie eigentlich?“. Was sich hier so trocken liest, wirkte durch das offen erkennbar homophile Sing-Sang des erregten Filialleiters erst so richtig amüsant. Man stritt sich dann noch über die Herausgabe des korrigierten Kassenbons und letztendlich setzte der Chef, der von sich immer im Plural sprach, dann noch zum Finale an: „Jetzt wünschen wir Ihnen noch ein schööönes Wochenende…ooohne Schwarzwälder Kirschtorte und dann gehen Sie endlich und kommen gefälligst nie wieder!“ Schön zu erleben, dass sich noch nicht jeder dem Diktat des unterwürfigen Dienstleistungsgedanken ergeben hat.tags: , , , , , , ,

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