Panagia mou, panagia mou (Mariza Koch)

>Der nächste Eurovision Song Contest rückt immer näher, in sechs Wochen ist es schon so weit. Zur Einstimmung habe ich mir gestern ein altes Schätzchen auf DVD angeschaut, nämlich den Wettbewerb aus dem Jahre 1976. Klar, diese alten ESC haben einen gewissen kuriosen Reiz und die dort zu sehenden Langhaarfrisuren und Koteletten bieten immer wieder Gelegenheit zum Schmunzeln. Choreographien wie man sie heutzutage sieht waren noch kaum zu sehen. Ein kokettes Winken und Hüftenwippen waren schon das höchste der Gefühle. Musikalisch waren die meisten Beiträge von 1976 eindeutig im Seichten angesiedelt, so natürlich die Sieger Brotherhood of Man und auch der deutsche Beitrag der Les Humphries Singers. Doch zumindest eine echte Perle habe ich gestern entdeckt. Mariza Koch, die für Griechenland mit „Panagia mou, panagia mou“ an den Start ging. Was für eine tolle Stimme und was für ein mitreißendes Lied! Es war deutlich zu spüren, dass sie nicht nur sang um möglichst viele Punkte zu bekommen, sie sang für höhere Ziele. Entgegen dem gültigen ESC-Zeitgeist hatte dieses Lied eine hochpolitische Aussage.

„Ein Stück Land voll mit Apfelsinenbäumen, entlang breiten sich die Olivenbäume aus. Die Strände um das Land sind aus Gold und der Abglanz blendet dich. Und wenn ihr eines Tags an diesen Ort kommt und mehrere Zelte nebeneinander seht, wird es kein Camping für Touristen sein. Es ist nur ein Flüchtlingslager.“

>Unschwer auszumachen, dass hier die Intervention der Türkei in Nordzypern angeprangert wurde. Dementsprechend nahm die Türkei am ESC 1976 nicht teil und unterbrach kurzerhand die TV-Übertragung während Mariza Kochs beeindruckendem Friedenslied. Den Begriff „Friedenslied“ hat dann sechs Jahre später Nicole mit ihrem Siegertitel „Ein bisschen Frieden“ in Misskredit gebracht. Wie ungerecht doch die Schlagerwelt ist. Wieviel mehr hätte es nicht Mariza Koch verdient gehabt den Wettbewerb zu gewinnen!Sehr auffällig war, dass die ARD scheinbar jeden Anflug von Politik in dieser Show unterbinden wollte. Der Kommentator Werner Veigel erwähnte mit keiner Silbe die eigentliche Bedeutung des Textes, er sprach nur davon, das Lied hätte Anleihen bei einer Volksweise aus Epirus genommen. Auch bei dem nicht minder politischen Lied aus Portugal vermied er entsprechende Andeutungen völlig.

3 Kommentare

  1. Mit großer Freude habe ich nicht nur deinen Blogeintrag gelesen, sondern auch die Abbildung der von mir gescannten Originalplattenhülle von 1976 darin wiedergefunden: ist es doch an der Zeit, daß sich herumspricht, von wem der mit Abstand bedeutendste Grand-Prix-Beitrag aller Zeiten stammt.

    Unbedingt sehenswert ist das Video zu dem Song, das von der BBC vorab ausgestrahlt wurde und manches vorwegnimmt, was Jahre später aus der sog. Gothic-Ecke kam.

    Und hier ist (falls du den Artikel nicht kennst) der Link zu meiner kleinen Mariza-Koch-Hommage von 2002.

  2. Hi!

    Ihr könntet Euch nicht vorstellen, was für eine Freude mir gegeben habt.
    Als Kind war ich tagelang mit diesem Song beschäftigt. Ich wußte nichr worum es ging -wenn ich es gewußt hätte!! Heute bin auf diesem Lied gefunden u habe immer noch Gänsehaut.
    Danke, Danke.
    Danke auf für die Erklärung…ich war 14 und gerade war Franco tot. es fing für uns ein neues Leber. Das wußte ich auch nicht.
    LG

    Luis

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